Die Entstehung der Kirche St. Ludger

St. Ludger_Grundsteinlegung (c) privat

Die feierliche Grundsteinlegung ‑ rechts vor den Messdienern Pfarrer Weißenbach

Schon im Jahre 1928 trat die Pfarrei St. Suitbertus an den Kir­chen­vor­stand von St. Martin heran und bat, wie es im Ab­tre­tungs­ver­trag zwi­schen den beiden Pfar­reien fest­ge­legt war, um eine Par­zelle der Pfarre St. Martin, um eine neue Kir­chen­ge­meinde an der Mero­winger­straße zu er­rich­ten. Der Kir­chen­vor­stand von St. Suitbertus wies darauf hin, dass die dort ge­le­ge­nen Straßen aus­ge­baut wür­den und die dort woh­nen­den Ka­tho­li­ken dann so­wohl zur Pfarre St. Suitbertus als auch zur Pfarre Mater Dolorosa in Flehe einen sehr wei­ten Weg zu­rück­le­gen müss­ten.

Der Kir­chen­vor­stand von St. Martin wies diese Bitte zurück und zeig­te auf, dass die Fleher Kirche bei stei­gen­der See­len­zahl aus­ge­baut wer­den müsse.

Ende der 1950er Jahre wurde ein wei­te­rer Ver­such un­ter­nom­men, an der Merowingerstraße eine neue Kir­che zu er­rich­ten. Dieses Mal erfolgreicher:

Am 4. Adventsonntag 1964 konnte die neue Kirche eingeweiht werden. 

Der einzige Pfarrer, der je aus­schließ­lich für St. Ludger zu­stän­dig war, war Pfarrer Heinrich Weißenbach. Als er 1993 in Ruhe­stand ging, wurde die Lei­tung Pfarrer Platzbecker über­tragen, der gleich­zei­tig Pfarrer an St. Suitbertus war.

Pfarrer Weißenbach wirkte noch viele Jahre im St.-Josef-Krankenhaus und ver­starb am 18.1.2002 im Alter von 86 Jahren.

Im Jahre 2002 wurde St. Ludger mit den Pfarren St. Suitbertus und St. Bonifatius zum Pfarr­ver­band im See­lsor­ge­be­reich C im De­ka­nat Düsseldorf-­Süd zu­sam­men­ge­schlos­sen und zum 1. Januar 2011 mit den Pfarren St. Blasius, St. Dionysius und Schmerzreiche Mutter zur Kir­chen­ge­meinde St. Bonifatius fusioniert.

Nach einem Artikel zum 50-jährigen Jubiläum der Kirche St. Ludger
in der Ausgabe 3/2014 unseres Gemeindemagazins bon‑i‑d

Chronik der Entstehung der Kirche St. Ludger von Pfr. Weißenbach

Pfarrer Heinrich Weißenbach (Pfarrer an St. Ludger von 1964 bis 1993) hat eine kleine Chronik über die Ent­ste­hung der Kirche St. Ludger geschrieben.

St. Ludger – Versteckte Schönheit am Merowinger Platz

St. Ludger – Außenansicht (c) Gregor Janßen

Wer an den Düsseldorfer Süd­westen zwischen Kardinal-Frings-Brücke (Süd­brücke) und Fleher Brücke denkt, denkt im All­ge­meinen eher an Gärt­ne­reien, Floh­markt (Aachener Platz) und Schützen­feste. Dass sich hier »hinten« aber auch eines der archi­tek­tonisch ein­drucks­vollsten (Sakral-)Bau­werke Düssel­dorfs ver­birgt, ahnen nur die wenigsten.

Die Fassade

St. Ludger Eingangsrelief (c) Privat: Michael St.

Über Schönheit und Geschmack lässt sich ja be­kannt­lich lange und ohne ein­deu­ti­ges Er­geb­nis strei­ten, so­dass es rat­sam ist, diesen Be­griff vor­sich­tig zu ver­wenden. Dies gilt natür­lich auch für Ar­chi­tek­tur und Bau­kunst und im Be­son­deren für die Kirche St. Ludger, die viele An­woh­ner eher als kal­ten, ano­ny­men Beton­bau empfin­den, noch dazu einen, der re­no­vie­rungs­be­dürf­tig ist und an eini­gen Stel­len be­denk­li­che Ris­se in der Beton­fas­sa­de zeigt.

Daher macht es Sinn, St. Ludger zu­nächst rein aus der ar­chi­tek­tur­his­to­ri­schen Per­spek­tive zu be­trach­ten. Fest steht, dass Düssel­dorf mit der Kirche St. Ludger eines der schönsten Bei­spiele für Ar­chi­tek­tur im Stil des Brutalismus in ganz NRW be­sitzt und diese ver­steckt am Merowinger Platz ge­le­ge­ne Kir­che eine weit über den Düssel­dorfer Süden hinaus­ge­hende »ar­chi­tek­to­ni­sche Be­deut­sam­keit« dar­stellt, so auch der Kölner Architekt Georg Wenzel.

St. Ludger – Kirchturm (c) kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius, Düsseldorf

Die Kirche wurde An­fang der 60er Jahre von dem Ar­chi­tek­ten Erwin Schiffer ent­wor­fen und in den Jahren 1962–1964 erbaut. Schiffer, ein großer Be­wun­de­rer des fran­zö­si­schen Ar­chi­tek­ten Le Cobusier und der stark von Le Cobusier mit­ge­präg­ten »Mo­der­nen Ar­chi­tek­tur« bzw. des »Brutalismus«, hat mit St. Ludger seinem großen Vor­bild nach­ge­eifert. Und egal, ob man es als Hul­di­gung oder nur »deut­sche Kopie« ver­steht – Tat­sa­che ist, dass Schiffer hier einen er­staun­lich ho­mo­ge­nen und kon­se­quen­ten Ent­wurf re­a­li­sier­te, bis hin zum ab­ge­stell­ten, be­wusst nicht in­tegrier­ten im­po­san­ten Glocken­turm. 

Brutalismus

St. Ludger ist – wie beim Brutalismus üblich – zum großen Teil aus un­be­han­del­tem Ma­te­rial und Sicht­beton ge­baut. An dieser Stelle muss er­wähnt wer­den, dass der Be­griff »Brutalismus« nicht, wie man mei­nen könn­te, durch die un­glück­liche Wort­nähe zum deut­schen »brutal« ent­stan­den ist, son­dern vom fran­zö­si­schen béton brut (roher Beton) ab­ge­lei­tet ist, was eine deut­lich sach­li­chere und da­mit po­si­ti­vere Be­schrei­bung dar­stellt.

Dieser Baustil, den man schon fast als eine neue »Bau­ge­sin­nung« be­zeich­nen kann, ent­stand in den 50er Jahren als Gegen­reak­tion auf die immer gleichen glä­ser­nen Fron­ten und glat­ten Raster­fassaden der ge­norm­ten Nach­kriegs­archi­tek­tur. Aus­ge­hend von Groß­britannien be­geisterte er nach und nach in ganz Europa eine ganze Gene­ration jun­ger und nach neuen Aus­drucks­formen su­chen­den Archi­tek­tur­studenten, wie eben auch Erwin Schiffer. 

Die lamellenartigen Fensterstrukturen

St. Ludger – Innenansicht mit Blick auf die Außenfassade (c) kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius Düssedorf

Die Kirche St. Ludger ist im Wesent­lichen als ein ein­ziger, recht­eckiger Raum von be­ein­dru­cken­dem Au­smaße ge­baut, einer quader­för­migen Halle ähn­lich. Ge­stützt wird das Dach le­dig­lich im Seiten­be­reich zu­sätz­lich durch sechs schma­le recht­eckige Beton­zargen von ca. neun Metern Höhe.

Das be­stim­men­de Merk­mal des Innen- und Außen­raumes bil­den die ein­drucks­vol­len lamel­len­ar­ti­gen Fenster­struk­turen aus Beton, so­genann­te »Brise-Soleil«-Ele­mente, wie sie ty­pisch für Le Corbusier sind und die er ur­sprüng­lich als ästhe­tisch an­spruchs­vol­len Sonnen­schutz ent­warf.

Martin Struck, der Erz­diö­zes­an­bau­meister in Köln, b­estä­tigt die Be­deu­tung und Sel­ten­heit die­ser Fenster­ge­stal­tung und dass sie in »sons­ti­gen Kir­chen in un­se­rem Erz­bistum nicht vor­handen sind.«

Bei St. Ludger ziehen sich diese Lamellen­fenster über die ge­sam­te nörd­lich ge­le­ge­ne Seiten­wand des Kir­chen­raums hin und ge­ben einen Rhyth­mus vor, der sich in der Innen­ge­stal­tung fort­setzt. Durch ihre Aus­rich­tung nach Nor­den sind sie we­ni­ger Funk­tions­ele­ment (Sonnen­schutz), son­dern vor allem Ge­stal­tungs­mit­tel.

Die un­günstige Wetter­seiten­lage dieser Fens­ter hat lei­der zu schnel­ler Ver­wit­terung und ent­spre­chend hohem Reparatur­auf­wand gesorgt. Der Grund dafür liegt wohl in der üb­li­chen öst­li­chen Aus­rich­tung (Ostung) von Kirchen, bei denen der Altar in die Rich­tung der auf­ge­hen­den Sonne (Sym­bol der Auf­er­ste­hung) weist.

Interessante Detaillösungen

St. Ludger – Kirchturm (c) kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius, Düsseldorf
St. Ludger Reliefs im Putz (c) Privat: Michael St.

Besondere Erwähnung ver­die­nen neben dem ge­sam­ten Bau­kör­per einige inter­es­san­te Detail­lösungen: Da wären einmal die un­ge­wöhn­li­chen Beton-Reliefs auf allen vier Sei­ten im oberen Glocken­turm­bereich zu nen­nen und – fast noch un­ge­wöhn­li­cher – die klei­nen Reliefs in der west­li­chen rück­wär­ti­gen Sicht­beton­wand neben der Orgel.

Während die Reliefs oben am Glocken­turm Hän­de oder Flam­men dar­stel­len könn­ten, wecken diese zar­ten Reliefs im Innern eher die Asso­zia­tion von Blumen und Vögeln oder auch kleinen (Feuer-)Zungen, was dann eine Ent­spre­chung zu den For­men am Glocken­turm dar­stel­len würde und einen Verweis auf Pfingsten nahelegt. Es bleibt rätselhaft und faszinie­rend zu­gleich, wie es sol­che klei­nen Fein­hei­ten, ja fast Spie­le­reien in einen an­sonsten so groß­flä­chi­gen und for­mal kon­se­quenten Kirchen­bau ge­schafft haben. 

Die Bronzetüren

St. Ludger – Türgriff (c) kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius, Düsseldorf

Einen schönen Kontrast zum rohen Beton bil­den auch die Bronze­türen am Ein­gang zu Kirche und Glocken­turm mit ihren sti­li­sier­ten Fischen aus Bronze als Türgriffe. 

Die Innen­gestaltung

St. Ludger Innenraum (c) Gregor Janßen

Die Innen­gestaltung der Kirche ist vor allem im vor­de­ren Be­reich der Ar­chi­tek­tur ent­spre­chend eher sach­lich und klar ge­hal­ten. Nichts soll ab­len­ken, alles hat genug Platz, um Wir­kung zu ent­fal­ten. Keine ba­rocke Detail­flut oder prot­zi­ges Zur­schau­stellen. Der Geist der 60er Jahre ist beim Be­tre­ten der Kirche noch immer spür­bar und gibt ihr heute im Zuge der Wieder­ent­deckung und Neu­in­ter­pre­ta­tion der 60er-Jahre-Architektur und des Bau­stoffs Beton bzw. Sicht­beton eine neue und ver­dien­te Aktualität. 

Die Holzwand im hinteren Bereich

St. Ludger – hölzerne Trennwand zur ehemaligen Kapelle der KHG (c) kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius Düssedorf

Die eigentliche innenarchitek­to­ni­sche Be­son­der­heit be­fin­det sich je­doch im hin­te­ren Be­reich. Als 2008 die ka­tho­li­sche Hoch­schul­ge­meinde Düssel­dorf (KHG) Haupt­nut­zer des ge­sam­ten Komplexes wur­de, ent­schied man sich, in der Kirche einen klei­ne­ren, et­was in­ti­me­ren Be­reich zu schaf­fen, um hier auch in »klei­nem Rah­men« Gottes­dienste feiern zu kön­nen.

Die nö­ti­ge Ein­rich­tung, die größ­ten­teils von Bert Gerresheim ge­stal­tet wur­de, hatte die KHG schon in der Brinkmannstraße ge­nutzt und diese wur­de jetzt zum Aus­gangs­punkt der Neu­ge­stal­tung. Mit der durch­aus knif­fe­li­gen Auf­gabe (die Kirche sollte ja im Innern nicht ge­trennt wir­ken und auch sti­li­stisch in ihrer Wir­kung nicht b­eschä­digt wer­den) wur­de der Kölner Archi­tekt Georg Wenzel be­auf­tragt.

Wenzel fand eine eben­so simple wie über­zeu­gen­de Lösung: Indem er eine 2,50 m hohe Wand aus läng­li­chen Schicht­holz­ele­men­ten auf­bau­te, die mit brei­ten Durch­brüchen ver­se­hen ist, bleibt der Kirchen­raum op­tisch und akus­tisch durch­läs­sig und bie­tet den­noch hin­ter dieser Holz­wand genug eigene Raumwirkung. In Verbindung mit einer weiteren klei­ne­ren Schicht­holz­wand, die den Raum zur Fenster­seite et­was ab­schirmt, und dem im hin­te­ren Be­reich ein­ge­las­se­nen Holz­par­kett er­hält dieser Be­reich die nö­ti­ge In­ti­mi­tät und gleich­zei­tig Be­hag­lich­keit und Wär­me, um für die KHG als se­pa­ra­te »Kirche in Kirche« zu funktionieren.

St. Ludger – Detail der hölzernen Trennwand (c) kath. Kirchengemeinde St. Bonifaitus Düsseldorf
St. Ludger – Nahaufnahme der hözernen Trennwand zur KHG (c) kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius Düssedorf

Gleichzeitig nimmt Wenzel durch diese Schicht­wän­de die Lamellen­fenster von Schiffer auf und ver­län­gert so­zu­sa­gen dessen Ge­stal­tungs­prin­zip in den Innen­raum. Das Er­geb­nis ist so selbst­ver­ständ­lich, dass man nicht sicher ist, ob die Wände nicht schon immer da waren, oder auch anders­herum, dass die Kirche alleine da­durch frischer und neuer wirkt und nicht wie ein Kirchen­bau von immerhin über 60 Jahren.

Als die KHG 2022 nach St. Suitbertus am Suit­ber­tus­platz zog, nahm sie na­tür­lich ihre Ein­richtung mit. Seit­dem steht der Raum erst einmal leer. 

Der Altar

St. Ludger Innenraum von hinten betrachtet (c) Privat: Michael St.

Der Altar ist vorne mit Ab­stand zur Wand po­si­tio­niert, so­dass er, wie bei vielen Kir­chen, die nach dem zwei­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zil ge­baut wur­den, so­wohl tra­di­tionell von vorne ge­nutzt wer­den kann (Priester mit Rücken zur Ge­meinde), als auch von hinten (Priester agiert der Ge­meinde zu­ge­wen­det). Über dem schlich­ten Altar­be­reich »schwebt«, von dün­nen Ket­ten ge­hal­ten, ein be­ein­drucken­des moder­nes Metall­kreuz mit Glas oder Halb­edel­steinen be­setzt und Christus­figur in der Mitte, in einem schon fast by­zan­ti­nisch wir­ken­den Stil. 

Abschließend sei hier zum Ausgangs­thema Schön­heit und St. Ludger an­ge­merkt: Bei St. Ludger ver­hält es sich wie mit jedem Ob­jekt mo­der­ner Kunst, mo­der­ner Ar­chi­tek­tur. Sie wird nie jedem ge­fal­len, sie macht es auch nicht jedem leicht in der Er­schlie­ßung, erst recht nicht, wenn man mit der Mo­der­ne an sich nicht viel an­zu­fan­gen weiß, aber sie hat für jeden, der offen und un­vor­ein­ge­nom­men auf sie zu­tritt, jede Menge Schön­heit zu bieten.

Zu hoffen bleibt, dass auch das Bistum die Be­deu­tung dieser Kirche er­kennt und wür­digt und eine um­fas­sen­de Re­no­vie­rung, be­son­ders der Fas­sa­de, unter­stützt. Denn dann braucht sich St. Ludger auch nicht mehr zu verstecken.

Die »schönste Geschichte« zu St. Ludger liefert aber zum Schluss der Ar­chi­tekt Georg Wenzel selbst: Bei den Ar­bei­ten an der KHG-Kapelle lernte er 2008 seine heu­ti­ge Frau ken­nen und hei­ra­te­te sie – wo, das dürfen Sie jetzt mal raten!

Nach einem Artikel von Michael Steeger (Mitglied im PGR 2017 – 2021),
erschienen in der Ausgabe 3/18 unseres Gemeindemagazins bon-i-d

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